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s war die Zeit, als die Arbeitslosenquote bei 14,2 Prozent lag.
Die Angebote der Kreuzfahrt-Gesellschaften boomten auf dem
Tourismusmarkt. Damit war die Suche nach qualifiziertem, vor allem
deutschsprachigem Personal, in vollem Gange. Warum nicht also
Leute genau da hin vermitteln, wo es mehr als genug Arbeit gab? Ar-
beitsvermittler André Nickel von der Fachvermittlung für Hotel und
Gastronomie sprach daraufhin gezielt Leute aus dem Bewerberpool
an, ob sie nicht Interesse hätten, an Bord eines Ozeanriesen zu arbei-
ten. Währenddessen verschaffte sich Pressesprecher Frank Fleisch-
mann eine Übersicht über die Reedereien und Veranstalter aus
Deutschland und benachbarten Ländern. Nur, um sich anschließend
auf Reisen dorthin zu begeben. „Klinkenputzen“ nennt er das, was er
damals leistete.
Der erste positive Kontakt wurde zur Columbia Chip Management
(
CSM Cruise Services GmbH ) hergestellt. Dort war man sich von
Anfang an sicher, dass das Konzept ein Erfolg werden würde. Aus
dem „Versuchsballon“ wurde sehr schnell ein Renner. Schon zur ers-
ten Messe MeerArbeit, die nach nur drei Monaten Vorbereitung star-
tete, kamen 1.300 Besucher, zehn maritime Arbeitgeber und drei
weitere Dienstleistungs- und Vermittlungszentren. Darunter auch
hochkarätige Namen wie Aida oder Peter Dahlmann.
Um den Kontakt für die Zukunft zu halten, unternehmen Mitarbeiter
der Suhler Agentur für Arbeit alljährlich nach der Messe eine Feed-
back-Tour zu den Teilnehmern. Und starten zugleich die Suche nach
Neuen in der Branche. Das müssen sie tun, wenn sie am Ball bleiben
wollen. Denn inzwischen drängen private Dienstleister auf den
Markt, die ein ähnliches Konzept anbieten. Das hat Gründe: Die
Nachfrage nach gutem Personal ist höher denn je. Andererseits ha-
ben sich Veränderungen beim Bewerberaufkommen bemerkbar ge-
macht. „Wir müssen gezielter schauen, um passendes Personal zu
finden“, sagt André Nickel. Dies ist auch der Tatsache geschuldet,
dass die Arbeitslosenquote heute nur noch bei 6,4 Prozent liegt.
Andererseits macht sich der Demographiewandel gerade im Hotel-
und Gaststättengewerbe deutlich bemerkbar.
Und so ziehen die Suhler weiter, um einerseits den MeerArbeits-
Markt mit Arbeitskräften zu versorgen und andererseits, um ihr
Konzept in anderen Regionen anzubieten, in denen die Arbeitslosig-
keit noch deutlich höher als in Südthüringen liegt. Auch die Arbeit-
nehmer profitieren davon deutlich. Wegen der besonderen Anforde-
rungen an Bord, können die Kellner, Köche und Servicekräfte auf ihre
besondere Qualifikation verweisen – das macht sie für den hiesigen
Arbeitsmarkt interessanter. „Wer so etwas gemacht hat, der ist meist
toleranter, kommunikativer und hat bessere soziale Kompetenzen“,
sagt Frank Fleischmann.
KREUZFAHRTJOBS
06.-09.
Oktober 2012
inoga Erfurt
22.
November 2012
Börse „MeerArbeit“ Suhl
Dein Weg an Bord!
Foto: Agentur für Arbeit Suhl
Natürlich müssen sich die Mitarbeiter der Agentur immer wieder die
Frage gefallen lassen, warum sie Leute aus Thüringen wegschicken,
wenn es doch inzwischen genügend Arbeit gibt. Am Anfang, das gibt
der Pressesprecher gerne zu, war der Hauptfokus nicht darauf ge-
richtet, die Leute wieder hierher zurückzuholen. Eben weil es damals
so viele Arbeitssuchende gab. Inzwischen hat sich das Projekt zu ei-
ner mehrspurigen Straße entwickelt. „Wir wissen in der Regel, wie
lange die Verträge mit den Reedereien laufen. Danach kontaktieren
wir die Leute und fragen sie nach ihrer beruflichen Zukunft. An die-
ser Stelle setzen wir an und unterstützen bei der Jobsuche in der
Heimat“, erklärt der Arbeitsvermittler. Zudem kann mit einem wei-
teren Projekt „ReThüringen“ ein bisschen Lokalpatriotismus betrie-
ben werden. „Mit der Veranstaltung versuchen wir, Leute hier zu hal-
ten. Und möglichst auch Pendler zurückzuholen“, so Fleischmann.
Übrigens wurde die Perspektive Kreuzfahrt vom damaligen Bundes-
präsidenten Host Köhler mit dem Titel „Ausgewähltes Land der
Ideen“ ausgezeichnet. „Das hat bisher keine andere Agentur ge-
schafft“, zeigt sich Fleischmann sichtlich stolz. (df)
Wer so etwas gemacht hat,
der ist meist toleranter,
kommunikativer und hat
bessere soziale Kompetenzen.
Frank Fleischmann
Pressesprecher
Agentur für Arbeit Suhl